Mythen bilden (unterschiedliche) Muster von Welterfahrung ab, in denen Menschen ganz selbstverständlich leben und Wirklichkeit gestalten. Meist sind sie sich dabei nicht dessen bewusst, dass es sich nur um ein mögliches Erfahrungsmodell neben anderen handelt. Das individuelle Schicksal und seine Ambitionen verschwinden in der Kraft des mythischen Bildes. Es kann auch ganze Völker oder Gruppen inspirieren und mitreißen – das macht seine verführende Macht aus, die sich in kollektiver Raserei und Gewalt entladen kann. Deshalb bedarf es der reflektierenden Vernunft, die zwar dem Rhythmus der Mythen folgen kann, seine Potentiale aber in eine vernünftig verantwortete Weltgestaltung integriert. Kann der Mythos uns Wege zeigen, die aus den gegenwärtigen Krisen hinausführen?
Prof. Dr. Michael von Brück
Theologe, Religionswissenschaftler und Zen- und Yogalehrer, LMU und Universität Linz